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Priesterkleidung

    Die Kleriker haben gemäß den von der Bischofskonferenz erlassenen Normen und den rechtmäßigen örtlichen Gewohnheiten eine geziemende kirchliche Kleidung zu tragen. Kirchenrecht,
    Can. 284

    Nach dem Martinsumzug am 11. November klingelte an meiner Tür. Vor mir standen zwei kleine Jungs, vielleicht sechs oder sieben Jahre alt. Sie haben ihr Lied gesungen und ich hatte ihnen gerade etwas in ihre Tüte gepackt und ihnen noch viel Freude gewünscht, da platzte es aus dem Jüngeren heraus: Sind Sie ein Pfarrer? Aber noch bevor ich antworten konnte, sagte der ältere von den beiden: Mensch, das siehste doch, der hat doch so nen Kragen. Und weltmännisch fügte er hinzu: Das kenne ich aus dem Fernsehen. Sieh mal einer an, dachte ich, die Sache mit der Priesterkleidung macht doch Sinn. Und ich erinnerte mich an die vielen Diskussionen, die ich früher über dieses Thema geführt habe. Als ich gerade frisch geweihter Diakon war und den Dienst in der Gemeinde wieder antrat, fragte mich mein Pfarrer ganz entgeistert: Willst Du jetzt immer so rumlaufen? Er war der Typ Priester, der gerne im offenen Hemd mit Lederweste unter die Leute geht. Was habe ich mir nicht alles anhören müssen: Du versteckst Dich hinter deinem Amt, du bist nicht authentisch, du spielst doch nur eine Rolle, willst du nicht mal du selbst sein? Meine Erfahrungen mit der Priesterkleidung sind ganz andere. Mal ganz abgesehen davon, daß das Kirchenrecht die Geistlichen zu geistlicher Kleidung verpflichtet, ist es doch überaus bequem, sich morgens nicht fragen zu müssen: Was soll ich heute tragen? Ganz egal, ob ein Kondolenzbesuch, Schulunterricht, ein Besuch im Kindergarten auf dem Programm steht, ob ich im Jugendkeller sitze oder bei einer Besprechung im Rathaus, ob ich beim Schützenverein bin oder beim Seniorentreff: Ich bin stets richtig und angemessen gekleidet und offenbare weder meinen modisch katastrophalen Geschmack, noch laufe ich wie ein Versicherungsvertreter herum. Und gleichzeitig ist diese bequeme Kleidung auch ein kleines, alltägliches Bekenntnis. Ich komme eben nicht nur als der Ulrich Filler, ich komme immer auch als der Priester, als derjenige, dessen Lebenssinn darin besteht, Jesus Christus gegenwärtig zu machen, im Wort, im Sakrament, im alltäglichen Handeln. Und auch, wenn ich hinter diesem großen Anspruch immer zurückbleibe – ich bin eben auch immer der Ulrich Filler mit seinen Macken, Launen, Schwächen und Fehlern – zu diesem Anspruch stehe ich und das kann auch jeder sehen. Meine Erfahrung mit der Priesterkleidung sind super. Angepöbelt worden bin ich deswegen höchst selten. Oft aber gab sie die Gelegenheit zu einem Gesprächseinstieg, zu einem Kennenlernen, zu einem Kontakt, der sonst nicht zustande gekommen wäre. Es ist gut, wenn die Kirche im Alltag der Menschen sichtbar wird – nicht nur durch Kirchtürme, sondern eben auch durch Menschen, die im Dienst der Kirche stehen. Ordensfrauen in wehenden Gewändern und Schleiern, Priester mit ihrem weißen Kragen, Franziskanerpater mit brauner Kutte oder die schwarz-weißen Dominikaner – sie gehören ins Weichbild unserer Städte und es ist ein großer Verlust, wenn man Geistliche nicht mehr an ihrer Kleidung erkennen und unterscheiden kann. Die Kirche muß sichtbar und präsent sein in unserer Gesellschaft. Die geistliche Kleidung ist ein kleiner Baustein, damit das geschehen kann. Aber gerade auch die Laien sind hier in die Pflicht genommen. Jeder von uns sollte sich jeden Tag die Frage stellen: was kann ich denn heute tun, um die Kirche sichtbar zu machen in meinem Alltag, in meiner Familie, meinem Beruf, meiner Freizeit? Welches kleine, alltägliche Bekenntnis wird von mir heute erwartet? Das Kreuzzeichen beim Essen im Restaurant, nicht Schweigen, wenn über Papst und Kirche gelästert wird – es gibt viele Möglichkeiten, unseren Glauben, unsere Kirche sichtbar zu machen. Das ist unsere Mission, unser Auftrag. Bitten wir den Herrn immer wieder um den nötigen Mut zu diesem kleinen, alltäglichen Bekenntnis.