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Zucht

    Züchtige deinen Sohn, solange noch Hoffnung ist, doch lass dich nicht hinreißen, ihn zu töten!
    Spr 19, 18

    So hat das Gesetz uns in Zucht gehalten bis zum Kommen Christi, damit wir durch den Glauben gerecht gemacht werden.
    Gal 3, 24

    Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern erzieht sie in der Zucht und Weisung des Herrn!
    Eph 6, 4

    Im Alten Testament hat Zucht nicht nur die Bedeutung der „Züchtigung“, der Bestrafung, sondern bezieht sich auch auf die Bildung des Verstandes, kann also auch so viel wie „Erziehung“ bedeuten. In der antiken Welt züchtigt der Hausvater den Sohn und auch den Sklaven, die Richter die Missetäter, die Könige ihre Untertanen. Von modernen pädagogischen Methoden ist da nicht viel zu spüren: „Wer die Rute spart, haßt seinen Sohn, wer ihn liebt, nimmt ihn früh in Zucht.“ (Spr 13, 24). Doch neben der familiären und gesellschaftlichen Dimension spielt das Element der Züchtigung, der Erziehung in der ganzen alttestamentlichen Heilsgeschichte eine wichtige Rolle: Jahwe mahnt und züchtigt das Volk, wenn es den Bund mit Gott verlässt und sich von ihm abwendet: „Daraus sollst du die Erkenntnis gewinnen, dass der Herr, dein Gott, dich erzieht, wie ein Vater seinen Sohn erzieht. Du sollst auf die Gebote des Herrn, deines Gottes, achten, auf seinen Wegen gehen und ihn fürchten.“ (Dtn 8, 5f.) Ist das die Quelle für die beliebte Vorstellung vom „strafenden Gott des Alten Testaments?“ Das ist nur die eine Seite der Medaille – der Alte Bund kennt auch den Gott, der sein Volk umwirbt wie ein verliebter Verführer seine Geliebte: „Darum will ich selbst sie verlocken. Ich will sie in die Wüste hinausführen und sie umwerben.“ (Hos 2, 16). Im Neuen Testament hat der heilige Paulus den Erziehungsgedanken des Alten Bundes von Christus her neu gedacht: Der Zuchtmeister, das „Gefängnis“, ist das Gesetz solange, bis der Christ durch den Glauben an Christus gerecht gemacht wird (Gal 3,23f.). Aber auch als Kinder Gottes werden wir durch unseren himmlischen Vater erzogen: „Ihr habt im Kampf gegen die Sünde noch nicht bis aufs Blut Widerstand geleistet, und ihr habt die Mahnung vergessen, die euch als Söhne anredet: Mein Sohn verachte nicht die Zucht des Herrn, verzage nicht, wenn er dich zurechtweist. Denn wen der Herr liebt, den züchtigt er; er schlägt mit er Rute jeden Sohn, den er gern hat. Haltet aus, wenn ihr gezüchtigt werdet. Gott behandelt euch wie Söhne.“ (Hebr 12, 4ff.) Paulus beschreibt das Handeln Gottes wie das eines liebenden Vaters, der seinen Sohn züchtigt, sollte es nötig sein – wir würden vielleicht heute sagen: der sein Kind mit liebevoller Strenge erzieht – und ist sich sicher: „Jede Züchtigung scheint zwar für den Augenblick nicht Freude zu bringen, sondern Schmerz; später aber schenkt sie denen, die durch diese Schule gegangen sind, als Frucht den Frieden und die Gerechtigkeit.“ (Hebr 12, 11). Etwas merkwürdig und rätselhaft mutet es an, wenn der Apostel einzelne Übeltäter zu Züchtigungszwecken „dem Satan übergibt“, damit sie am Ende gerettet werden können (1 Kor 5, 5; 1 Tim 1, 20). Mit den Pastoralbriefen und der Apostelgeschichte wird deutlich, dass auch die Leiter der Gemeinden das Recht haben, die Kirchenzucht durchzusetzen und bis heute haben die Hirten der Kirche mit dem kodifizierten Kirchenrecht ein Instrument, um diese Aufgabe zu erfüllen. Wir aber dürfen alle Widerwärtigkeiten des Alltags, alle kleinen und großen Leiden als „Zucht des Herrn“ verstehen, die uns anspornen will, der Sünde bis aufs Blut zu widerstehen und die die große Verheißung mit sich bringt, dass Gott am Ende alles gut machen wird.