Nun kehrte er mit seinem ganzen Gefolge zum
Gottesmann zurück, trat vor ihn hin und sagte: Jetzt weiß ich, dass es nirgends
auf der Erde einen Gott gibt außer in Israel. So nimm jetzt von deinem Knecht
ein Dankgeschenk an! Elischa antwortete: So wahr der HERR lebt, in dessen
Dienst ich stehe: Ich nehme nichts an. Auch als Naaman ihn dringend bat, es zu
nehmen, lehnte er ab. Darauf sagte Naaman: Wenn es also nicht sein kann, dann
gebe man deinem Knecht so viel Erde, wie zwei Maultiere tragen können; denn
dein Knecht wird keinem andern Gott mehr Brand und Schlachtopfer darbringen als
dem HERRN allein.
2 Kön 5,1517
Von der Erde bist du genommen, und zur Erde kehrst
du zurück. Der Herr aber wird dich auferwecken.
Begräbnisliturgie
Meine Mutter stammt ursprünglich aus dem Sudetenland. Nach
dem Krieg wurde sie wie viele andere Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben. Nach
dem Fall des Eisernen Vorhangs ergab sich die Gelegenheit, bei einer
Gruppenreise die alte Heimat zu besuchen. Zu schauen, was aus dem Elternhaus
geworden ist und wie sich der Heimatort verändert hat. Seitdem steht in der
Küche meiner Eltern ein Glas mit der Aufschrift: „Heimaterde“. Meine Mutter hat
einen kleinen Teil der Heimat – eine Handvoll Erde – mitgebracht. Ein Zeichen
der Erinnerung und Verbundenheit. Dasselbe tat der syrische General Namen, ein
mächtiger und reicher Mann. Doch Einfluß und Geld konnten ihm nicht bei seinem
größten Problem helfen: er war krank, hatte Lepra. In seiner Not suchte er den
Propheten Elischa auf. Und der wundertätige Gottesmann konnte ihm helfen.
Nachdem er siebenmal im Jordan untergetaucht war, wurde er geheilt. Und als der
Prophet kein Dankgeschenk annehmen wollte, machte der General dasselbe wie
meine Mutter: er ließ sich Erde geben, um sie mitnehmen zu können. Ein Zeichen
der Erinnerung an seine Heilung und ein Zeichen für seine Bekehrung, denn von
Stund an wollte er keinen anderen Gott mehr anbeten als Jahwe. Diese Erde ist
mehr als ein Erinnerungszeichen, sie ist eine Reliquie. Wir Menschen sind Wesen
aus Geist und Leib, und so verlangt auch unser Glaube Zeichen und Symbole, in
denen er Gestalt annehmen, leibhaftig werden kann. Im Kölner Dom verehren wir
die Gebeine der heiligen drei Könige, der Magier aus dem Osten, die dem Stern
gefolgt sind, um den Herrn der Welt anzubeten. In Turin finden wir das Grabtuch
Christi, in Manoppello in den Abbruzzen das Schweißtuch der Veronika. In Rom
verehren wir das Kreuz Christi und die Tafel mit der Aufschrift, die Pilatus
anbringen ließ. In Paris finden wir die Dornenkrone. Noch die kleinste
Dorfkirche ist mit Bildern, Figuren und Heiligenreliquien geschmückt, die
leibhaftiger Ausdruck unseres Glaubens sind. Und wenn wir ein Kreuz an einer
Kette um den Hals tragen und eine Wunderbare Medaille, wenn in der Hosentasche
ein Rosenkranz ist, dann sind das keine Amulette oder Talismane, keine
abergläubischen Glücksbringer, sondern kleine Symbole und Zeichen unseres
Glaubens an die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und an sein Leiden und
Sterben, seinen Kreuzestod und seine Auferstehung. Und sie erinnern uns auch
daran, dass wir am Ende unseres irdischen Lebens in die Erde gebettet werden,
von der wir genommen sind. Aber das Grab ist für uns keine Endstation, keine
Sackgasse. In Christus wird der Tod für uns zur offenen Tür, durch die wir in
das ewige Leben schreiten, das der himmlische Vater uns bereitet. Und weil zu
unserer Menschennatur nicht nur ein Geist, sondern auch ein Leib gehört, haben
wir die Hoffnung und glauben daran, dass sich am Ende der Zeit auch unser Leib
aus der Erde erheben wird, weil auch er bestimmt ist für die Herrlichkeit der
Kinder Gottes. Auch er soll ein Teil der neuen Schöpfung werden, wenn Gott den
neuen Himmel und die neue Erde schafft: den Lebensraum, in dem wir mit ihm in
Ewigkeit glücklich sein werden.