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Artikel

In der Schule von Papst Franziskus

    Vom Ja sagen, dem heiligen Josef und dem echten Vatersein

    Artikel für das PUR magazin 3/2021

    Papst Pius IX. (1846-78) steuerte das Schiff der Kirche durch turbulente Zeiten. Der letzte Papst-König, der als Souverän im eigenen Land regierte, musste nicht nur den Verlust des Kirchenstaats hinnehmen, sondern die Kirche und ihr System in der Gesellschaft Europas neu ordnen. Überall führte eine mächtige, durch die Aufklärung und die Französische Revolution geprägte Bewegung zu politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen und zu Säkularisierungen. Die Kirche wurde als eigenständiger, gesellschaftlicher und politischer Akteur entmachtet und ihrer Güter beraubt. Mit verschiedenen Maßnahmen versuchte der Papst, das katholische Profil zu schärfen, um durch die eigentliche, geistliche Dimension der Kirche und ihre wahre Identität eine Antwort auf die Herausforderungen der Zeit geben zu können. Die berühmteste dieser Maßnahmen ist wohl die Verkündigung der Unfehlbarkeit des Papstes auf dem Ersten Vatikanischen Konzil 1869/70.

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    Der Gläubige bleibt der Dumme

      Kommentar für das PUR-magazin 2/20121

      Im alten Israel legte der Hohepriester am Versöhnungstag einem Ziegenbock die Hände auf. Derartig mit den Sünden des Volkes belastet, wurde er – um die Schuld Israels aus der Mitte der Gemeinde zu entfernen – buchstäblich in die Wüste geschickt. Dieses Ritual wird zur Zeit auch im Erzbistum Köln vollzogen. Die neuen Hohepriester der Lokalpresse haben sich bereits einen Sündenbock ausgesucht: Rainer Maria Kardinal Woelki. Keine Frage: Der Missbrauchsskandal hat in erschreckender Weise deutlich gemacht, dass es auch in der katholischen Kirche eine jahrzehntelange Kultur der Bagatellisierung, des Wegsehens und Vertuschens, der Problemlösung durch Totschweigen und Versetzungen gegeben hat. Das wird auch dadurch nicht besser, dass die Kirche ein Spiegel der Gesellschaft ist. Keine Frage: Der Skandal hat auch die unglaubliche Inkompetenz, Trägheit und Naivität der Kirchenbehörden, ihrer Personal- und Aktenführung, des gesamten Managements, ans Licht der Öffentlichkeit gebracht.

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      Reden wir mal richtig übers Geld!

        Vorschlag von Ulrich Filler für ein Kirchensteuer-Experiment

        Artikel für das PUR-magazin (2020)

        Ende Juli hat sich Katharina Westerhorstmann zu Wort gemeldet. Die katholische Theologin, die den „Synodalen Weg“ begleitet, rief dazu auf, den Umgang mit dem skandalösen Missbrauchsskandal nicht für eine Liberalisierung der katholischen Sexualmoral zu instrumentalisieren, sondern die Aufarbeitung ernsthaft und dem wichtigen Thema angemessen voranzutreiben: „Anstatt sich auf die Anerkennung von außerehelichen Geschlechtsbeziehungen, Selbstbefriedigung, homosexuellen Handlungen, künstlicher Empfängnisverhütung und die Kommunionszulassung zivil verheirateter Geschiedener zu konzentrieren, sollte man verstärkt Missbrauchsfälle mit Missbrauchsfällen vergleichen, wie es etwa die Unabhängige Kommission der Bundesregierung tut. Dass darüber hinaus spezifisch kirchliche Aspekte des Missbrauchs thematisiert werden müssen, steht außer Frage.“ Ein begrüßenswerter Vorschlag, der in die richtige Richtung geht. Denn in der deutschen katholischen Kirche sehen wir in den Diskussionen des aktuellen „Synodalen Wegs“ das alte Phänomen: Die (deutschen) Katholiken machen das, was alle anderen auch machen – nur etwa zwanzig Jahre später. Anstatt sich in ewig gleichen und frustrierenden Diskussionen zu verlieren, sollte man etwas Neues wagen. Die notorische Konzentration der innerkirchlichen Diskussion auf Themen der Schlafzimmertheologie oder des Frauenpriestertums ist ermüdend und gerade für Außenstehende unattraktiv. Wann endlich kommen wir auf den Trichter und sagen: Okay, das katholische Angebot mag sich merkwürdig und weltfremd anhören. Aber es ist in unserer durchsexualisierten Gesellschaft mal eine echte und interessante Alternative.
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        Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her!

          Leserbrief zu einem Artikel von Heinz Josef Fabry

          Im „Pastoralblatt für die Diözesen Aachen, Berlin, Hildesheim, Köln und Osnabrück“ (8/2020) veröffentlichte der emeritierte Bonner Professor für die Einleitung in das Alte Testament und die Geschichte Israels, Heinz Josef Fabry, den Artikel „Schick sie fort, denn sie schreit hinter uns her! – Predigt zu Mt 15,21-28“. Darin erzählte er von seiner Diskussion mit einem deutschen Bischof bei einem gemeinsamen Kaffeetrinken mit einem guten Stück Erdbeertorte. Im Gespräch ging es um die allgegenwärtige Kritik an der Reformunwilligkeit oder -unfähigkeit der Kirche, und der Bischof rief aus: „Sollen doch alle, die in unerträglicher Weise an unserer Kirche herumnörgeln, sollen sie doch gehen! Bei den Protestanten finden sie alles das, was sie suchen!“ Diese Anekdote ist der Aufhänger für seine Predigt über das Evangelium von der Begegnung Jesu mit der lautstarken kanaanäischen Frau. Fabry führt aus, dass im Evangelium eine „lernende Kirche“ sichtbar wird, an deren Anfang ein „lernender Jesus“ steht, der seine frohe Botschaft über die Grenzen des auserwählten Volkes hinaus auch den Heiden verkündet: „Wie groß waren … einst die Geburtsschmerzen der Kirche, wie schwerwiegend waren die Entscheidungen, auch über die Grenzen des Gewohnten hinaus neue Seelen zu gewinnen! Selbst Jesus musste das lernen und er hat es gelernt – von einer Frau! Zu dieser Dynamik des Lernens müssen wir wieder zurück!“
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          Die Geisterdebatte

            Artikel für das PUR-magazin (2018)

            Die deutschen Bischöfe haben mit ihrer nun veröffentlichten pastoralen Handreichung „Mit Christus gehen – Der Einheit auf der Spur. Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“ vom 20. Februar 2018 eine Geisterdebatte, eine Gespensterdiskussion losgetreten. Gespenstisch mutet zunächst einmal die Auswahl der Zielgruppe an. Während in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten beispielsweise die Frage nach der Möglichkeit des Kommunionempfangs für wiederverheiratet Geschiedene immer wieder diskutiert wurde oder auch die Forderung, alle evangelische Christen zum Tisch des Herrn einzuladen, im Raum steht, war die Frage nach den evangelischen Partnern in einer konfessionsverschiedenen Ehe bislang überhaupt kein Thema. Die deutschen Bischöfe befürchten, dass sogar die Ehe gefährdet sein kann, weil der evangelische Partner nicht zur Kommunion gehen darf? Der Eindruck drängt sich auf, dass unsere Bischöfe sich hier ein künstliches Problem ausgedacht und zugleich eine Lösung gefunden haben, die keiner wirklich möchte.
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            „Wie schaffst du es, mit diesem Papst zu leben?“

              Artikel für das PUR-magazin (2017)

              Vor einigen Wochen erreichte mich die Mail eines Mitbruders mit der verzweifelten Frage: „Wie schaffst Du es, mit diesem Papst zu leben?“ – Eine Stimme von vielen, die belegt: Frustration breitet sich aus über diesen argentinischen Papst, der das genaue Gegenteil seines Vorgängers Benedikt zu sein scheint. Wie war das mit dem nachsynodalen Schreiben „Amoris laetitia“? Hat dort der Papst nicht in Fußnote 351 erklärt, wiederverheiratete Geschiedene könnten „in gewissen Fällen“ die „Hilfe der Sakramente“ in Anspruch nehmen? Bewegt sich der Heilige Vater noch auf katholischem Boden? Und als sich die Kardinäle Walter Brandmüller, Raymond Burke, Carlo Caffarra und Joachim Meisner im September letzten Jahres schriftlich an den Papst wandten und um eine Klärung zur Auslegung des päpstlichen Schreibens baten, stießen sie nicht bis heute auf eisiges Schweigen? Ist es dringend notwendig, dass der erste Mann der Kirche ein öffentliches katholisches Glaubensbekenntnis ablegen sollte, um die herrschende Kirchenkrise zu überwinden? So jedenfalls die Forderung des Vertrauten Benedikts XVI. und ehemaligen Konsultors der Glaubenskongregation Don Nicola Bux in einem Interview vom 23. Juni 2017. Was ist von diesem Papst zu halten, der sich im blauen Golf chauffieren lässt, die Monsignore-Titel abgeschafft hat und jetzt auch noch Kardinal Gerhard Müller als obersten Glaubenswächter ablöste?
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              Der kleine Gigant aus Immenried

                40 Jahre Fatima-Aktion

                Eine persönliche Würdigung von Ulrich Filler

                Artikel für das Vatican-Magazin (2017)

                Man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Wenn Bernhard und Martin Müller die alten Sprichwörter beherzigen, geht es in diesem Jahr in Immenried ordentlich rund. Denn das 100-Jährige Jubiläum der Erscheinungen Unserer Lieben Frau von Fatima zieht eine ganze Reihe weiterer Jubiläums- und Festtage nach sich. 100 Jahre Fatima – das heißt auch: 40 Jahre Fatima-Aktion, 30 Jahre PUR-Magazin, 25 Jahre FE-Verlag und 10 Jahre Vatican-Magazin. Aber das größte „Feschd“, wie die Schwaben sagen, gilt zweifelsohne der Fatima-Aktion, der Mutter des Verlags und all dieser Zeitschriften und Magazine.

                1977 kamen die damals 16-Jährigen Zwillinge auf die Idee, anlässlich des 60. Jahrestages der Erscheinungen die Botschaft der Muttergottes zu verbreiten. Sie hatte in Fatima um Umkehr und christliche Erneuerung im Zeichen des Rosenkranzgebetes und um die Ausbreitung der Andacht zu ihrem Unbefleckten Herzen gebeten. Gemeinsam mit anderen jungen Leuten gründeten die Brüder die „Fatima-Aktion 77“ und schalteten Anzeigen, in denen kostenlose Informationspakete angeboten wurden. Ein erfolgreiches Apostolat, das mit dieser Kampagne noch nicht beendet war. Auch nach dem Jubiläumsjahr war das Interesse an Fatima groß. Es gab zahlreiche Bitten um Informationen über den portugiesischen Wallfahrtsort. Als Antwort auf dieses Interesse entstand die Zeitschrift „Fatima-Ruft“. Sie berichtet bis heute vierteljährlich über die Botschaft von Fatima, die Situation der verfolgten Christen und aktuelle Ereignisse in der Kirche. Außerdem wurde die „Fatima-Aktion 77“ als eingetragener Verein organisiert und als gemeinnützige Körperschaft anerkannt. Seither arbeitet sie schwerpunktmäßig an der Verbreitung der Friedensbotschaft von Fatima, der Hilfe für verfolgte Christen und in Hilfsprojekten für arme Kinder in Südamerika.
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                Die Muttergottes von Montevergine

                  Artikel für das PUR-magazin (2016)

                  War es ein Zufall, der uns den Weg zu diesem beeindruckenden Marienheiligtum gezeigt hat? Auf unserer Italienreise waren wir unterwegs von Bari nach Salerno, von der Adria zur Amalfiküste, einmal quer durch den italienischen Stiefel. Wir wollten eigentlich nur eine kurze Rast einlegen, vielleicht in kleines ländliches Ristorante suchen, ein Mittagessen nehmen. Da sah mein Freund Martinus das braune Hinweisschild zum Santuario von Montevergine. Keine Frage, da gibt es etwas Neues zu entdecken! Und so folgten wir der eher spärlichen Beschilderung und der endlosen schmalen Straße, die sich in immer neuen Serpentinen den Berg hinaufwindet. Hoch und immer höher ging es hinauf bis das Sträßchen sich schließlich auf einem Hochplateau zu einem Platz verbreitet, auf dem die Abtei und Kirche von Montevergine mit ihren weißen Steinen in der heißen Mittagssonne förmlich strahlt und glänzt.

                  Beim Betreten der Kirche folgt eine Überraschung auf die andere: Aus der glühenden Mittagshitze trete ich in eine große, dunkle, eiskalte Basilika. Fröstelnd orientiere ich mich, taste mich vor durch das Halbdunkle. Ganz vorne, am Hauptaltar, ist Christus am Kreuz zu erkennen. Doch er ist nicht an den Kreuzesbalken geheftet – beide Arme streckt er aus, als wolle er mich umarmen und an sich ziehen. Als wolle er mir bedeuten, näher zu treten und keine Angst zu haben, weil er, der Gekreuzigte, mich und mein Leben umarmt. Dann schreite ich weiter und mache die nächste Entdeckung. Die große, basilikale Kirche aus den sechziger Jahren ist vor eine alte Basilika gebaut worden. Ein barocker, lichtdurchfluteter Raum feiert in schwungvollen Formen die Freude und Schönheit des katholischen Glaubens.
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                  Was wußte Josef?

                    Artikel für das PUR-magazin (2015)

                    Das Weihnachtsevangelium nach Matthäus
                    Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns. Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus. (Mt 1,18-25)
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                    Unter die Haut

                      Artikel für das Vatican-Magazin (2014)

                      Jeder, der sich mit dem Wort Gottes beschäftigt; jeder, der das Alte und Neue Testament studiert; jeder, der die Heilige Schrift betrachtet, macht dieselbe Erfahrung: Man kann noch so vertraut sein mit der Bibel – man ist mit dem lebendigen Wort Gottes niemals fertig, man kann nie sagen: jetzt weiß ich alles, jetzt kenne ich alles, jetzt ist mir nichts mehr neu. Immer wieder kommt es vor, dass ein einzelner Vers, ein kurzer Abschnitt – jahrelang bekannt und immer wieder überoder mitgelesen – plötzlich eine ganz neue Bedeutung bekommt. Er springt dich an, geht dir unter die Haut, bringt eine Saite in dir zum Klingen, macht dich traurig oder wütend oder froh. Das Wort Gottes läßt dich nicht kalt und es läßt dich nicht los.

                      Pfr. Ulrich Filler, 43, Pfarrvikar in Köln, lässt folgende Stelle nicht los: „An diesem Tag wurden Herodes und Pilatus Freunde; vorher waren sie Feinde gewesen.“ (Lk 23,12)
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                      Geburtstag hat jede Kuh – Warum wir überhaupt Weihnachten feiern

                        Artikel für das PUR-magazin (2014)

                        Das scheint eine auf den ersten Blick dumme Frage zu sein: Warum feiern wir Weihnachten überhaupt? Jedes Kind weiß doch, dass es der Geburtstag Jesu ist, und auch heute noch kennt fast jedes Kind die Geschichte von Maria und Josef und der Krippe im Stall. Warum feiern wir überhaupt Weihnachten? Diese Frage wird verständlich wenn man weiß, dass die Kirche ursprünglich, in den ersten zwei-, dreihundert Jahren, überhaupt kein Weihnachtsfest gefeiert hat.

                        „Geburtstag hat jede Kuh!“ pflegte der Kaplan meiner Heimatpfarrei zu sagen, und er war der erste Mensch, den ich kennenlernte, der seinen Geburtstag konsequent nicht feierte. Namenstag, ja, den wohl. Aber sein Geburtstag war für ihn ein normaler Alltagstag wie andere auch. Für mich war das damals sehr befremdlich, aber seine Einstellung knüpft eigentlich an die ältesten Traditionen der Kirche an: In den ersten Jahr-hunderten wurde kein Geburtstag gefeiert – überhaupt war das Feiern von privaten Geburtstagen, wie wir es heute tun, in der Antike ganz unbekannt.
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                        Eine kurze Geschichte des Sonntags

                          Artikel für das PUR-magazin (2014)

                          Die Idee vom Sonntag ist nicht neu: Bereits das erste Buch der Bibel, das von der Erschaffung der Welt und des Menschen erzählt, kennt den Sonntag als Abschluss der ganzen Schöpfung: „Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte.“ (Gen 2,3)

                          Das Werk ist vollendet, und Gott ruht. Ein wunderbarer, ja poetischer Ausdruck: Gott ruht. Nicht deshalb, weil er erschöpft wäre und der Ruhe bedürfte, sondern weil er nicht nur der unermüdlich Schaffende ist. Er ist auch derjenige, der voller Liebe auf sein vollendetes Werk blickt und sich an ihm erfreut. Und der Mensch soll als Geschöpf seinem Schöpfer folgen: Er soll am Ende der Woche von seiner Arbeit ausruhen, Abstand gewinnen und die Freiheit haben, über ihr zu stehen. Gott will den freien Menschen, nicht den rastlosen, in seiner Arbeit gefangenen und untergehenden Workaholic. In dem hebräischen Wort schābat klingt bereits der Sabbat an, der siebte, heilige Tag der Ruhe Gottes, an der der Mensch teilhaben soll. Bereits im Anfang wird so die Arbeitszeit von der heiligen Zeit der Ruhe getrennt. Sie ist nicht nur um des Menschen will da, sie ist zugleich die Zeit, die der Schöpfer für sich beansprucht und in der der Mensch ganz für Gott dasein soll.
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                          Die Möglichkeit des Kommunionempfangs für evangelische Christen – eine Anfrage an die sakramentale Struktur der Kirche

                            Artikel für Theologisches (2006)

                            War Roger Schutz katholisch?

                            Die französische Zeitung „Le Monde“ verbreitete am 5. September d. J. eine Meldung, die geeignet war, manchen katholischen Geistlichen erleichtert aufatmen zu lassen: Nach Angaben des französischen Historikers Yves Chiron sei der 2005 ermordete Gründer der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé, Roger Schutz, bereits 1972 zur katholischen Kirche übergetreten.1 Aufatmen konnten besonders die Seelsorger, die in der Frage nach der Möglichkeit des Kommunionempfangs für Nichtkatholiken (und insbesondere für evangelische Christen) in ihren Gemeinden bislang eine streng ablehnende Haltung vertraten – sie kamen ja spätestens seit dem April 2005 in eine gewisse Erklärungsnot, als bei der Beisetzungsfeier von Papst Johannes Paul II. der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger und heutige Papst Benedikt XVI. dem Protestanten Frère Roger vor den Augen der Weltöffentlichkeit die Kommunion reichte.

                            Die Nachricht von seiner angeblichen Konversion ist nicht neu, solche Gerüchte wurden immer wieder verbreitet und fanden nicht zuletzt in der ebenfalls immer wieder kolportierten Meldung Nahrung, daß Roger Schutz wohl seit 25 Jahren im Petersdom regelmäßig die hl. Kommunion empfing.

                            Auf der anderen Seite wurde die Nachricht der angeblichen Konversion sofort von dem neuen Leiter des ökumenischen Zentrums bestritten. Der Nachfolger von Schutz, Frère Alois, bekräftigte, daß Frère Roger niemals „formell“ übergetreten sei und einen solchen Schritt auch nicht hätte verheimlichen wollen.2
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                            Minderwertigkeitskomplexe der Katholiken in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen

                              Vortrag auf der Osterakademie des Initiativkreises Münster in Kevelaer (2005)

                              Eine starke Anziehungskraft? Katholiken in der kognitiven Minorität

                              „Die römische Kirche übt heute eine starke Anziehungskraft auf die nicht-katholische Welt aus. Die deutschen Benediktinerklöster, besonders Beuron und Maria Laach, sind zu Wallfahrtsstätten von Nichtkatholiken geworden, die sich für die dort gepflegte klassisch-katholische Liturgie begeistern. Die im deutschen Protestantismus um sich greifende hochkirchliche Bewegung nähert sich immer mehr der römischen Kirche; einer ihrer Führer ist bereits in deren Schoß zurückgekehrt. Noch ausgedehnter ist die Konversionsbewegung in England. Ganze anglikanische Konvente und Klöster treten zur Kirche Roms über. Eine starke katholische Propaganda fördert und steigert die bereits vorhandene Neigung zum Katholizismus. Die römische Kirche macht gewaltige Anstrengungen, um alle von ihr getrennten Christen im Orient und Okzident zurückzugewinnen. Am Grab des hl. Bonifatius wurde eine Gesellschaft zur Wiedervereinigung der christlichen Konfession gegründet…voll Siegesgewissheit verkünden bereits heute katholische Stimmen den nahen Untergang des Protestantismus.“ 1
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                              Zum 40. Jahrestag der feierlichen Proklamation der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils „Sacrosanctum Concilium“ am 4. Dezember 1963

                                Artikel für Theologisches (2003)

                                Unmittelbar bevor am 4. Dezember 1963, dem Schlusstag der zweiten Sitzungsperiode des II. Vatikanischen Konzils, die – von den Konzilsvätern mit begeistertem Beifall begrüßte – endgültige und förmliche Abstimmung über das Schema über die Liturgie stattfand, fasste Papst Paul VI. das Anliegen des Konzils in diesem Punkt noch einmal zusammen. Das erste Schema, das das Konzil diskutierte, sei das der heiligen Liturgie und der Gegenstand sei auch „in gewissem Sinn der erste nach seiner inneren Vorzüglichkeit und seiner Bedeutung für das Leben der Kirche.“ Es gehe dem Konzil darum – so der Papst – den liturgischen Ritus zu vereinfachen und dem Volk verständlicher zu machen und auch die liturgische Sprache der von dem jeweiligen Volk gesprochenen anzupassen. Es gehe aber nicht darum, die Liturgie ärmer zu machen – „im Gegenteil, wir wünschen uns die Liturgie reiner, treuer, mehr in Übereinstimmung mit der Quelle der Wahrheit und Gnade und geeigneter, in ein spirituelles Erbe des Volkes verwandelt zu werden.“1
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                                Ein Christ ist wer

                                  Interview mit dem Erzbischof von Köln, Joachim Kardinal Meisner, am 13. Juni 2000

                                  Ministantenmagazin turibulum (2000)

                                  Sie gelten als einer der streitbarsten deutschen Bischöfe. Sie beziehen in den öffentlichen Diskussionen oft sehr pointiert Stellung, auch mit unpopulären Ansichten. Muß die Kirche heute manchmal „unpopulär“ sein?

                                  Sie sollte es nicht sein wollen. Aber sie sollte sich ganz nach dem Auftrag des Herrn richten, und wenn der Auftrag des Herrn sie unpopulär macht, dann muss sie das in Kauf nehmen – und zwar mit allen Konsequenzen, da darf sie sich nicht davor fürchten. Der Kirche ist aufgegeben, das Wort Gottes zu verkünden – sei es gelegen oder ungelegen. Und darum hat ihre erste Sorge zu sein – ich will es einmal so formulieren – dem Herrn nach dem Mund zu reden und nicht so sehr den Menschen. Und ich bin zutiefst überzeugt: Wenn sie Gott nach dem Mund redet, dann ist den Menschen am besten geholfen. Und darum muß sie Unpopularität verkraften, aber nicht suchen. Wenn es die Konsequenz der Verkündigung ist – in Gottes Namen. Und ich muss Ihnen das ganz schlicht sagen, ich habe das ja nie anders erfahren in den vier Fünfteln meines bisherigen Lebens, nämlich in der Hitlerzeit und in der kommunistischen Zeit – wir waren immer unpopulär, weil wir nie gesagt und geschrieben haben, was die verordnete öffentliche Meinung hören wollte.
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                                  Ein Tag im Kölner Priesterseminar

                                    Artikel für die Kölner Kirchenzeitung (1997)

                                    Donnerstag morgen, 7.15 Uhr. Pünktlich auf die Minute zieht Matthias Genster, der wie viele andere aus unserem Kurs eine Aufgabe im Haus übernommen hat, kräftig am Glockenseil und bald schon ist der Schall der Seminarglocke weithin zu vernehmen. Ich klappe mein Stundenbuch zu und mache mich zusammen mit 21 weiteren Seminaristen auf den Weg in die Seminarkirche, um den Tag mit der Feier der Hl. Messe zu beginnen. 

                                    Das Leben im Priesterseminar ist geprägt von der Gemeinschaft: den Gottesdiensten, zu denen wir dreimal am Tag zusammenkommen, den gemeinsamen Mahlzeiten, den Vorlesungen und auch den Festen, die wir zusammen feiern. Nach dem Frühstück beginnen die ersten Vorlesungen um 9.00 Uhr. Wie fast alle meiner Mitbrüder habe auch ich ein Theologiestudium an der Bonner Universität absolviert und während dieser zehn Semester in dem Theologenkonvikt unserer Diözese, dem Collegium Albertinum, gelebt. Die Lehrveranstaltungen im Seminar haben deshalb vor allem praktischen Charakter, sie dienen der Vorbereitung auf unseren Dienst als Diakone. Heute steht zunächst das Fach „Liturgische Praxis“ an. 

                                    Der Dozent Pater Böckmann hat sich das Thema „Taufe“ vorgenommen und zu unserer Freude eine richtige Puppe mit weißen Kleidern mitgebracht. „Es ist wichtig, daß man alles nicht nur theoretisch lernt, sondern auch praktisch einübt!“ freut sich mein Kollege Benedikt Zervosen und hantiert eifrig mit der Taufschale und dem Rituale, dem Buch, in dem alle notwendigen Gebete und Anweisungen enthalten sind. Ich nicke zustimmend. Auch das Anlegen der liturgischen Kleidung und das Singen des feierlichen Segensgebetes will gelernt sein! 
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