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Hinabgestiegen

    Hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten.
    Glaubensbekenntnis

    Aber jeder von uns empfing die Gnade in dem Maß, wie Christus sie ihm geschenkt hat. Deshalb heißt es: Er stieg hinauf zur Höhe und erbeutete Gefangene, er gab den Menschen Geschenke. Wenn es heißt: Er stieg aber hinauf, was bedeutet dies anderes, als dass er auch zur Erde herabstieg? Derselbe, der herabstieg, ist auch hinaufgestiegen über alle Himmel, um das All zu erfüllen.
    Eph 4, 7-10

    Der tote Christus ist in seiner Seele , die mit seiner göttlichen Person vereint blieb, zum Aufenthaltsort der Toten hinabgestiegen. Er hat den Gerechten, die vor ihm gelebt hatten, die Pforten des Himmels geöffnet.
    KKK 637

    Unzählige Künstler haben versucht, das Ostergeheimnis im Bild darzustellen. Wenn wir an Ostern, an die Auferstehung Christi denken, fällt uns vielleicht als erstes das berühmte Auferstehungsbild von Grünewald aus dem Isenheimer Altar ein – „das strahlendste Auferstehungsbild der Kunstgeschichte“ (Inga Schnekenburger): In einer Art Sonne oder leuchtenden Kugel überwindet der Auferstandene mit erhobenen Händen Grab und Wachposten, die erstarrt am Boden liegen. Deutlich kann man die verklärten Wundmale erkennen: Das Licht besiegt die Finsternis, das Leben triumphiert über den Tod. Bei ähnlichen Darstellungen trägt der Auferstandene gerne ein Kreuz oder eine Siegesfahne in der Hand. Das Geheimnis der Auferstehung geschieht im Verborgenen, es gibt keine Zeugen. So sind Künstler auf ihre Phantasie angewiesen, wenn sie ein Bild des Ostersieges zeichnen wollen. In der orthodoxen Kirche des Ostens haben die Ikonenmaler einen anderen Weg gefunden, um den Triumph über den Tod zu veranschaulichen. Im Glaubensbekenntnis wird dieses Geheimnis ja in einem doppelten Satz zusammengefaßt: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten.“ Die Osterikonen zeigen das Hinabsteigen des Herrn in das Reich des Todes, in die Hölle oder Hades. Denn seit dem Sündenfall waren alle Menschen, auch die Heiligen und Gerechten, nach dem Tod von Gott getrennt (wenn sich auch ihr Schicksal unterschiedlich gestaltete, wie Jesus uns im Evangelium vom armen Lazarus und dem reichen Prasser erklärt, Lk 16,19-31). So zeigt – wie es Josef Ratzinger einmal in einer Betrachtung geschrieben hat – unser gewohntes Osterbild sozusagen die Außenseite der Auferstehung, während das Osterbild der Ostkirche uns die Innenseite des Ostergeheimnisses offenbart. Und wenn die Kirche am Karsamstag schweigt und keine heilige Messe und anderen Gottesdienste (bis auf das Stundengebet) feiert, dann gedenkt sie dieser Innenseite von Ostern: Christus steigt auf die Erde herab, aber mehr noch: Er steigt in die tiefsten Tiefen, in das unterste Dunkel, in die letzten Ecken und Winkel, um angefangen mit Adam und Eva alle, die wollen, alle, die ihr Ja sprechen zu Gott, hinaufzuführen in die Herrlichkeit des himmlischen Vaterhauses. So dürfen wir sicher sein, dass auch wir einmal gefunden werden, egal in welche Tiefen wir gefallen sind oder in welche Dunkelheiten wir uns verstrickt haben. Für den menschgewordenen Gott, der in seinem Tod den Tod besiegt, gibt es keine Grenze, kein Todesreich mehr, das seinem Heil eine Schranke setzen könnte. Bitten wir Maria und alle Heiligen und Gerechten des Alten und neuen Bundes, dass auch uns die Gnade geschenkt wird, rechtzeitig unsere Hand auszustrecken und zu bitten: „Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ (Lk 23,42)