Zum Inhalt springen

Hörendes Herz

    Verleih daher deinem Knecht ein hörendes Herz, damit er dein Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden versteht! Wer könnte sonst dieses mächtige Volk regieren?
    1 Kön 3,9

    Da kommt eine gute Fee und sagt: Du hast einen Wunsch frei! – Unzählige Witze fangen so an, ihre Pointe besteht meist darin, dass die erfüllten Herzenswünsche zu Stolperfallen werden, nach dem Motto: Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen! Was würden wir uns wünschen, käme die Fee zu uns? Ein Portemonnaie, das niemals leer wird? Ein Rolls Royce mit Chauffeur? Sicher würde uns viel Klimbim und Unsinn einfallen. Dem jungen König Salomo erscheint keine gute Fee, aber er hat eine nächtliche Traumvision, in der Gott ihm die Erfüllung eines Wunsches gewährt. Sein Wunsch – ein hörendes Herz – verdient nähere Betrachtung: Handelt es sich nicht eigentlich um einen egoistischen Wunsch? Der ihm vor allem selber nützt und zu einem klugen und sprichwörtlich weisen Herrscher macht? Natürlich ist kein Klimbim und Bling-Bling angemessen. Aber sollte er sich nicht den Weltfrieden und das Ende aller Kriege wünschen? Das Verschwinden von Krankheit und Leid? Dass alle Menschen zufrieden und glücklich sind, ohne Verzweiflung und Depression leben können? Solche altruistischen Wünsche verraten ein falsches und schiefes Gottesbild, sie machen – auch wenn sie noch so großherzig klingen – Gott zu einer Wunscherfüllungsmaschine, die uns doch bitte schön ein angenehmes Leben ohne Anstrengungen ermöglichen soll. Doch wir sind nicht für ein angenehmes Leben bestimmt. Gott hat größeres mit uns vor: Glück und Erfüllung, selige Ekstase ohne Ende, mehr, größer, vollkommener und schöner, als unsere Phantasie zu ahnen vermag. Und: Gott ist Mensch geworden, er will uns das Heil auf menschliche Weise schenken. Und das heißt: Er erlöst uns – aber nicht ohne unser Zutun, nicht ohne unsere Mitarbeit. Er beschenkt uns, aber wir sollen als Beschenkte aktiv werden. Du willst den Weltfrieden? Das ist Dein Job: Fang an, als Frau oder Mann des Friedens zu leben, schaffe Frieden in Deiner Familie, in Deiner Partei, in Deinem Verein, in Deiner Gemeinde! Du willst die Krankheiten überwinden? Das ist Dein Job: Werde Arzt! Oder Forscher! Oder Krankenpfleger. Besuche die Kranken, die du kennst. Tröste die Weinenden, gib einen guten Rat, verschenke Deine Zeit! Du willst das Kreuz erträglich machen? Verbinde es mit dem Kreuz Christi, beginne damit, die Last des anderen zu tragen. Alle großen und guten Wünsche können nur dann Wirklichkeit werden, wenn wir unsere Verantwortung ernst nehmen und anfangen. Und dann wird Gott unser Tun mit seinem Segen begleiten. Und jetzt erkennen wir den tiefen Sinn der Bitte Salomos, der einzigen, die wirklich Sinn macht: Nur ein Herz, das offen ist für Gottes Wort und Weisung, die seine Stimme im Gewissen hört und ihr folgt; nur ein Herz, das den himmlischen Vater und seinen Willen an die erste Stelle setzt, ist imstande, dieser großen Verantwortung gerecht zu werden und die Wünsche der Welt zu erfüllen. Und wenn wir so verfahren, wenn wir versuchen, so zu leben – dann schenkt uns Gott auch noch alles andere dazu, all die Kleinigkeiten und den Klimbim, den wir so lieben. Denn er ist unser guter Vater und unsere liebende, zärtliche Mutter und er schenkt uns alles, wirklich alles, was wir brauchen. Wir haben einen Wunsch frei! Treffen wir die richtige Wahl. Bitten wir gemeinsam mit Maria und all den Heiligen um das einzig richtige: „Verleih daher deinem Knecht ein hörendes Herz!“