Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodaß er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu.
Gen 2, 21f.
Der Mann und die Frau sind „füreinander“ geschaffen, nicht als ob Gott sie je nur zu einem halben, unvollständigen Menschen gemacht hätte. Vielmehr hat er sie zu einer personalen Gemeinschaft geschaffen, in der die beiden Personen füreinander eine „Hilfe“ sein können, weil sie einerseits als Personen gleich sind … und andererseits in ihrem Mannsein und Frausein einander ergänzen.
Katechismus der Katholischen Kirche, 372.
Im zweiten Schöpfungsbericht der Genesis geht es um den Menschen. Er ist die Krone der Schöpfung Gottes, nicht als Vollendung des Schöpfungswerks, sondern als Mittelpunkt, um den herum sich die ganze Schöpfung ausbildet. Und gleichzeitig scheint bereits hier die große Würde und Berufung des Menschen auf: Er ist berufen, die Schöpfung Gottes mitzugestalten, er soll an der Schöpfung teilhaben, ein Partner Gottes sein. Die Schöpfung ist nicht etwas Fertiges, was dem Menschen vorgesetzt wird; sie ist ein Prozeß, etwas, das sich immer weiter entwickelt und der Mensch selbst ist berufen, dabei Hand anzulegen und ein echter Mitarbeiter Gottes zu werden. Im Bericht von der Erschaffung der Frau wird uns ein wunderbares, poetisches Bild geschenkt, das uns ein großes Geheimnis erschließen will. Wir brauchen dieses Bild nicht wörtlich zu verstehen. Wenn hier von einem „tiefen Schlaf“ die Rede ist, so bedeutet dies das große Geheimnis des wunderbaren Wirken Gottes, das dem Menschen verschlossen bleibt. Indem die Frau aus der Rippe des Mannes geschaffen wird, ist sie seine vollkommene Entsprechung. Und Adam, der Mensch, nimmt seine Gefährtin voller Freude in Empfang. Man hat diese Worte sein „Brautlied“ genannt. Nun ist er glücklich, mit seinem ganzen Wesen sagt er „Ja“ zu seiner Frau: „Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie heißen, denn vom Mann ist sie genommen.“ Nachdem der Mensch allen Tieren einen Namen gegeben hat, benennt er nun auch seine Gefährtin: Frau soll sie heißen, denn vom Mann ist sie genommen. Dieses Wortspiel erschließt sich nur aus dem Hebräischen: Mann heißt ´isch und Frau heißt ´ischschā – ´ischschā soll sie heißen, denn vom ´isch ist sie genommen. Auch im Englischen wird dieser Zusammenhang angedeutet: „man“ – „woman“. Hier wird deutlich: Die Zuordnung von Mann und Frau gründet im Willen des Schöpfers. Und gleichzeitig wird klar: Erst in der Begegnung mit der Frau erkennt sich der Mensch, der Adam, als Mann! Erst durch die Erschaffung der Frau wird er richtig Mann. Erst in der gegenseitigen Begegnung finden sich die Geschlechter selbst. Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen – als Personen sind sie vollkommen gleich, als Mann und Frau wird ihnen eine unverlierbare Würde zuteil, als Frau und Mann verkörpern das Bild Gottes und spiegeln die Weisheit und Güte des Schöpfers wieder. Gott hingegen ist reiner Geist, weder Mann noch Frau. Die aufeinander bezogenen, menschlichen Geschlechter spiegeln hingegen die unendliche Vollkommenheit Gottes wider: „die Züge einer Mutter und diejenigen eines Vaters und Gatten“ (KKK 370). So spricht Gott etwa im Buch Hosea: „Ich war es, der Efraim gehen lehrte, der sie nahm auf seine Arme. Sie aber haben nicht erkannt, dass ich sie heilen wollte. Mit menschlichen Fesseln zog ich sie, mit Banden der Liebe. Ich war da für sie wie die, die den Säugling an ihre Wangen haben. Ich neigte mich ihm zu und gab ihm zu essen.“ (Hos 11, 3f.)