Nachdem Salomo den Bau des Tempels und des königlichen Palastes vollendet und alle Pläne, die er auszuführen wünschte, verwirklicht hatte, erschien ihm der Herr zum zweiten Mal, wie er ihm in Gibeon erschienen war. Er sprach zu ihm: Ich habe dein flehentliches Gebet, das du an mich gerichtet hast, gehört und dieses Haus, das du gebaut hast, geheiligt. Meinen Namen werde ich für immer hierher legen, meine Augen und mein Herz werden allezeit hier weilen.
1 Kön 9, 1-3
Da stellten ihn die Juden zur Rede: Welches Zeichen lässt du uns sehen als Beweis, dass du dies tun darfst? Jesus antwortete ihnen: Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten. Da sagten die Juden: Sechsundvierzig Jahre wurde an diesem Tempel gebaut und du willst ihn in drei Tagen wieder aufrichten? Er aber meinte den Tempel seines Leibes. Als er von den Toten auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger, dass er dies gesagt hatte, und sie glaubten der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte.
Joh 2, 18-22
Im Alten Bund offenbart sich Gott als Jahwe, als der „Ich bin der «Ich-bin-da»“ – Gott ist da, er ist der Immanuel, der Gott mit uns, der Gott, der mitgeht. Dadurch unterscheidet er sich von den Götzen der anderen Völker, die nur an einem bestimmten Kultort verehrt werden konnten. Israels Gott geht mit – das Zeichen dafür ist die Bundeslade, die Israel auf dem langen Weg durch die Wüste begleitet. Gott ist in der Mitte seines Volkes, er führt und begleitet es, er schützt es und bereitet ihm das Gelobte Land. Nachdem Israel seßhaft geworden ist, erbaut König Salomo den ersten Tempel als Ort für die Bundeslade. Nun ist der Tempel das Zeichen der Gegenwart Gottes, der „seinen Namen in den Tempel legt.“ Der Tempel ist der Ort, an dem Gottes Augen und sein Herz gegenwärtig sind, der Mittelpunkt des gesamten religiösen Lebens Israels. Der Alte Bund wird abgelöst durch den Neuen Bund. Nicht ein auserwähltes Volk – alle Völker sind eingeladen, allen Menschen soll das Heil geschenkt werden. Als nach dem Fall des Nordreiches Israel und später des Südreiches Juda der erste Tempel zerstört wurde, erlaubte nach dem Babylonischen Exil der persische König Kyros den Bau eines neuen Tempels. Und viele Jahrhunderte später ließ König Herodes einen viel größeren, prächtigen Tempel errichten, den Tempel, in dem Jesus dargestellt wurde, in dem er gebetet und die Geldwechsler vertrieben hat. Doch auch dieser Tempel wurde 70 n. Chr. durch die Römer zerstört. Doch die Kirche des Neuen Bundes benötigt nicht mehr die Zeichen des Alten Bundes, weder die Bundeslade – die nach alter Tradition in Äthiopien aufbewahrt und verehrt wird – noch einen Tempel aus Stein. Denn der Tempel des Neuen Bundes ist Jesus Christus selbst. In ihm ist Gott in dieser Welt gegenwärtig, durch ihn geht er mit uns, durch ihn sind seine Augen und sein Herz unter uns gegenwärtig. In ihm wird sein Name in allen Generationen verehrt: Jesus, Je-schua bedeutet: Jahwe rettet. Und dieser neue Tempel der Gegenwart Gottes wächst immer weiter, denn durch die Taufe werden wir zu lebendigen Steinen dieses Tempels: „Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn.“ (Eph 2,20f.) Das ist unsere Berufung: Wir sollen lebendige Steine sein, Zeichen der Gegenwart Gottes, seiner Liebe und Barmherzigkeit, die uns begleitet und beschützt, die mit uns geht und uns den Weg in das wahre Gelobte Land weist, in das himmlische Vaterhaus. Bitten wir den Herrn, dass wir uns dieser Berufung täglich neu bewusst werden, dass wir durch Umkehr und Buße immer wieder alle Versteinerungen und Verknöcherungen aufbrechen lassen, die uns daran hindern, lebendige Steine im wahren Tempel des Herrn zu sein.